Freitag, 11. Oktober 2013

Fragen 31-40: Gerichtsurteile, Infektionsschutzgesetz, Lebensmittelarten, Belehrungen, BGB und Sorgfaltsp

31. Frage:  Gibt es Gerichtsurteile zu wasserbedingten Infektionen im Krankenhaus?

Antwort: 
Es werden hier nur 2 Beispiele aufgeführt:
http://www.vhks.at/uploads/media/OENORM_B_5019_klein.pdf

Gerichtsurteile (Deutschland) Gerichtsurteile (Deutschland)
Entscheidung des OLG Stuttgart vom 03.12.2002, Az.: 1 U 22/02.
In dem vom Gericht entschiedenen Fall hat sich ein Patient ei-nes Krankenhauses eine Legionelleninfektion zugezogen, an der er schließlich verstarb. Die Witwe des Verstorbenen nahm den Krankenhausträger auf Schadenersatz in Anspruch.
Im Rahmen des Verfahrens war festgestellt worden, dass den Krankenhausträger an der aufgetretenen Legionelleninfektion kein Verschulden traf, weil er sämtliche, seinerzeit bekannten und gebotenen Hygienemaßnahmen beachtet und in der Praxis umgesetzt hat.

Urteil des Landgerichtes München vom 04.12.2003, Az.: 2 O 8482/03,
Kann ein Käufer einer Eigentumswohnung von dem Verkäufer verlangen, dass ihm das Auftreten von Legionellen in der Wohnanlage anlässlich der Kaufvertragsverhandlungen hätte offenbart werden müssen.
Das Landgericht München gab dem seinerzeit auf Rückabwick-lung des Kaufvertrages klagenden Käufers mit der Begründung Recht, der Verkäufer hätte hier eine Pflicht zur Offenbarung gehabt, weil die Frage der Krankheitsgefährdung in der Regel entscheidend für den Kaufentschluss der Wohnungskäufer sei, weil die Menschen in der heutigen Zeit sehr gesundheitsbe-wusst sind.

32. Frage:  Welche Anforderungen stellt das Infektionsschutz-gesetz  an Personen, die mit Wasser für Lebensmitteln umgehen müssen?
Antwort: Diese Anforderungen sind §42 des IfSG  formuliert. Es gelten folgende Tätigkeits- und Beschäftigungsverbote:
(1) Folgende Personengruppen dürfen nicht tätig sein oder beschäftigt werden:
1. Personen, die an Typhus abdominalis, Paratyphus, Cholera, Shigellenruhr, Salmonellose, einer anderen infektiösen Gastroenteritis oder Virushepatitis A oder E erkrankt oder dessen verdächtig sind,
2. Personen, die an infizierten Wunden oder an Hautkrankheiten erkrankt sind, bei denen die Möglichkeit besteht, dass deren Krankheitserreger über Lebensmittel auf andere übertragen werden können,
3. Personen, die solche Krankheitserreger wie Shigellen, Salmonellen, enterohämorrhagische Escherichia coli oder Choleravibrionen ausscheiden,

33. Frage: In welchen Bereichen  dürfen o.g. Personen nicht beschäftigt werden?
Antwort:
a) beim Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen von Lebensmitteln, wenn sie dabei mit diesen in Berührung kommen, oder
b) in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zu Gemeinschaftsverpflegung.
Diese Verbote gelten nicht für den hauswirtschaftlichen Bereich.

34. Frage: Bei welchen Lebensmitteln ist die Qualität des Wassers für den menschlichen Gebrauch gemäß der TVO 2001 zu beachten?
Antwort: Folgende Lebensmittel sind betroffen:
1. Fleisch, Geflügelfleisch und Erzeugnisse daraus
2. Milch und Erzeugnisse auf Milchbasis
3. Fische, Krebse oder Weichtiere und Erzeugnisse daraus
4. Eiprodukte
5. Säuglings- und Kleinkindernahrung
6. Speiseeis und Speiseeishalberzeugnisse
7. Backwaren mit nicht durchgebackener oder durcher-hitzter Füllung oder Auflage
8. Feinkost-, Rohkost- und Kartoffelsalate, Marinaden, Mayonaisen, andere emulgierte Soßen, Nahrungshefen.

Bei diesen Lebensmitteln kann in besonderer Weise die Anwendung von Chlordioxidwasser für den menschlichen Gebrauch  bedacht werden.

35. Frage: Welche Bedeutung  besitzt der §42  hinsichtlich des Umganges mit Wasser für den menschlichen Gebrauch?
Antwort: Werden die in §42 benannten Lebensmittel mit Wasser für den menschlichen Gebrauch behandelt, dann muss dieses Wasser den Qualitätsanforderungen der TVO 2001 ent-sprechen.


36. Frage:  Ist eine Belehrung der Mitarbeiter im Umgang mit Wasser für den menschlichen Gebrauch für Lebensmitteln erforderlich?
Antwort: 
Die Belehrungspflicht  ergibt sich aus § 43 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG):
"(1) Personen dürfen gewerbsmäßig die in § 42 Abs. 1 bezeich-neten Tätigkeiten erstmalig nur dann ausüben und mit diesen Tätigkeiten erstmalig nur dann beschäftigt werden, wenn durch eine nicht mehr als drei Monate alte Bescheinigung des Ge-sundheitsamtes oder eines vom Gesundheitsamt beauftragten Arztes nachgewiesen ist, dass sie
1. über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtungen nach den Absätzen 2, 4 und 5 in mündli-cher und schriftlicher Form vom Gesundheitsamt oder von
einem durch das Gesundheitsamt beauftragten Arzt belehrt wurden und 2. nach der Belehrung im Sinne der Nummer 1 schriftlich erklärt haben, dass ihnen keine Tatsachen für ein
Tätigkeitsverbot bei ihnen bekannt ist.
Liegen Anhaltspunkte vor, dass bei einer Person Hinderungs-gründe nach § 42 Abs. 1 bestehen, so darf die Bescheinigung erst ausgestellt werden, wenn durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen ist, dass Hinderungsgründe nicht oder nicht mehr bestehen."
§ 43 Abs. 2, 3, 4 und 5 besagen:
"(2) Treten bei Personen nach Aufnahme ihrer Tätigkeit Hin-derungsgründe nach §42 Abs. 1 auf, sind sie verpflichtet, dies ihrem Arbeitgeber oder Dienstherrn unverzüglich mitzuteilen.
(3) Werden beim Arbeitgeber oder Dienstherrn Anhaltspunkte oder Tatsachen bekannt, die ein Tätigkeitsverbot nach §42 Abs. 1 begründen, so hat dieser unverzüglich die zur Verhinderung der Weiterverbreitung der Krankheitserreger erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.
(4) Der Arbeitgeber hat Personen, die eine der in § 42 Abs. 1 Satz 1 oder 2 genannten Tätigkeiten ausüben, nach Aufnahme ihrer Tätigkeit und im weiteren jährlich über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtung nach Absatz 2 zu belehren. Die Teilnahme an der Belehrung ist zu dokumentieren. Die Sätze 1 und 2 finden für Dienstherrn ent-sprechende Anwendung.
(5) Die Bescheinigung nach Absatz 1 und die letzte Dokumen-tation der Belehrung nach Absatz 4 sind beim Arbeitgeber auf-zubewahren. Der Arbeitgeber hat die Nachweise nach Satz 1 und sofern er eine in § 42 Abs. 1 bezeichnete Tätigkeit selbst ausübt, die ihn betreffende Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 1 an der Betriebsstätte verfügbar zu halten und der zuständigen Behörde und ihren Beauftragten auf Verlangen vorzulegen. Bei Tätigkeiten an wechselnden Standorten genügt die Vorlage ei-ner beglaubigten Abschrift oder einer beglaubigten Kopie."
http://www.kreis-freising.de/fileadmin/docs/Gesundheitsamt/LebensmBelehr.pdf
Der vorschriftsmäßige Umgang mit dem Wasser für den menschlichen Gebrauch ist hier nicht ausdrücklich benannt. Der Gesetzgeber setzt diesen aber stillschweigend voraus. Es ist deshalb dringend angeraten ordungsgemäßen Umgang des ge-nannten Personenkreises mit diesem Wasser in die Belehrung aufzunehmen. Das ist schon deshalb notwendig, um die  ange-wendete Sorgfaltspflicht zu dokumentieren.
Das Robert-Koch-Institut hat zum Umgang mit Lebensmitteln  die folgenden Belehrungsunterlagen erarbeitet:

a) Belehrung für die Beschäftigten in Schulen und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen gem. §35 IfSG
http://www.rki.de/cln_100/nn_209242/DE/Content/Infekt/IfSG/Belehrungsbogen/belehrungsbogen__schulen,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/belehrungsbogen_schulen.pdf

b) BELEHRUNG GEMÄß § 43 ABS. 1 NR. 1 INFEKTIONSSCHUTZGESETZ (IFSG)
Gesundheitsinformation für den Umgang mit Lebensmitteln
http://www.rki.de/cln_100/nn_209242/DE/Content/Infekt/IfSG/Belehrungsbogen/belehrungsbogen__lebensmittel__deutsch,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/belehrungsbogen_lebensmittel_deutsch.pdf

37. Frage:  Welche Anforderungen stellt das Bürgerliche Gesetzbuch hinsichtlich hinsichtlich der notwendigen Verkehrs-sicherungs-und Sorgfaltspflichten der Inhaber und Betreiber von Wasserversorgungsanlagen?

Antwort
Nach http://de.wikipedia.org/wiki/Verkehrssicherungspflicht
hat derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, die Pflicht, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen um Schäden anderer zu verhindern. Die Verkehrssicherungspflichten wurden entwickelt, um bei Unterlassungen oder mittelbaren Schädigungen (deliktische) Rechtspflichten zum Handeln zu begründen. Ansätze hierzu fanden sich bereits vor Inkrafttreten des BGB unter Geltung des gemeinen Rechts. Verkehrssicherungspflichten werden heute auch herangezogen, um bei mittelbaren Verletzungen die Rechtswidrigkeit des Handelns zu begründen

Nach http://www.123recht.net/dictionary.asp?wort=Sorgfaltspflicht&ccheck=1 
ist die Sorgfaltspflicht wie folgt definiert:
„Pflicht, sich umsichtig und achtsam zu verhalten bzw. der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt Genüge zu tun: Zweck der Sorgfaltspflicht ist die Vermeidung von unnötigen Risiken und Schäden für andere. Der Maßstab der anzuwendenden Sorgfalt ist an der jeweils konkreten Situation festzumachen.“

Diese begrifflichen Bestimmungen gehen konform mit §823 des BGB, der die Schadensersatzpflicht beschreibt:
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Er-satz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Fal-le des Verschuldens ein.
(Nach: http://dejure.org/gesetze/BGB/823.html)

Diese Pflichten werden indes nicht bereits durch jede bloß theo-retische Möglichkeit einer Gefährdung ausgelöst. Sie beschrän-ken sich auf das Ergreifen solcher Maßnahmen, die nach den Gesamtumständen zumutbar sind und die ein verständiger und umsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um Andere vor Schäden zu bewahren.
Das bedeutet für den Inhaber/Betreiber einer Wasserversorgungsanlage die Verpflichtung, seinen Betrieb so zu organisie-ren und zu führen, dass von ihm keine Gefahr für den Nutzer  ausgeht. Es muss also alle wirtschaftlich zumutbaren Vorkehr-ungen gegen voraussehbare Gefahren treffen. Er muss beson-ders bei immungeschwächten Menschen den besonders hohen Anforderungen gerecht werden und somit für die Minimierung der krankheitserregenden/-fördernden Mikroorganismen (Keimzahlen) sorgen. Ebenso soll er dafür Sorge tragen, dass  beispielsweise von Nebenprodukten der Desinfektionsverfah-ren, keine Gefahren für die Nutzer des Wassers für den men-schlichen Gebrauch ausgehen.

38. Frage: Wann könnte eine haftungsrechtliche Schadenser-satzpflicht entfallen?
Antwort:
Es kann trotz großer Mühen des Inhabers/Betreibers einer Wasserversorgungsanlage die Sorgfalts- und Verkehrssicherheitspflichten zu beachten, nicht jedes Schadensereignis ausgeschlossen werden. Eine haftungsrechtliche Schadensersatzpflicht entfällt im BGB lediglich für den Fall, dass der Inhaber/Betreiber einer Wasserversorgungsanlage den Schaden nicht zu vertreten hat.  Nach dem oben angeführten Urteil des OLG Stuttgart vom 03.12.2002  wurde ein Wasserversorger auch deshalb nicht verantwortlich gemacht, weil er sämtliche, seinerzeit bekannten und gebotenen Hygienemaßnahmen be-achtet und in der Praxis umgesetzt hat.
Es ist aber stets zu bedenken, dass der Betreiber einer Wasser-versorgungsanlage zivilrechtlich haftbar gemacht werden kann, wenn er einen Erfüllungs- oder Verrichtungsgehilfen zur Er-füllung seiner Aufgaben eingesetzt  hat.

39. Frage: Welche Folgen können Verstöße gegen die Trink-wasserverordnung 2001 nach sich ziehen?

Antwort: 
Es können Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen ausgesprochen werden. Zivilrechtliche Folgen sind ebenfalls möglich: Schmerzensgeld, lebenslang zu zahlende Erwerbsminderungsrente bzw. Erwerbsunfähigkeitsrente,....

40. Frage:  Welche hygienischen  Aufgaben der  Trinkwasser-hygiene  kommen auf den  Inhaber/Betreiber einer Wasserversorgungsanlage immer wieder zu?


Antwort:
Immer wieder kann die Wiederverkeimung des  Wassers für den menschlichen Gebrauch in den Wasserversorgungsanlagen beobachtet werden. Das liegt an der Natur der Mikroorganismen. Ein 100%-ige Beseitigung der Keime im Trinkwasser ist praktisch nicht möglich. Gelangen dann diese geringen  Konzentrationen in die Hausinstallation, dann kann es  zu einer sprunghaften Keimvermehrung kommen, wenn die Mängel in der Wasseranlage und im Nutzungsverhalten des Be-treibers das Keimwachstum fördern.  Doch die Keimvermehrung findet nicht nur in der Wasserfließrichtung statt. Auch entgegen der Flussrichtung wird ein Keimwachstum beobachtet. Diese ständige Wiederverkeimung ist ursächlich mit den sich ausbildenden Biofilmen verbunden, die vorzügliche Nährböden bilden. Leider reicht die Desinfektionskraft des Chlors oft nicht aus, um diese Biofilme abzubauen. Chlordioxid erscheint hier als ein sehr wirksamer Helfer. Die notwendigen Chlordioxidkonzentrationen sind relativ gering und liegen in der Größenordnung zwischen 0,2 mg/l (max) und 0,05 mg/l (min). In diesem Konzentrationsbereich sind nach Untersuchungen bei Prof. Exner (Institut für Hygiene an der Uni Bonn) eine hinreichende Legionellenbekämpfung und ein wirksamer Biofilmabbau zu beobachten.

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